Last update: 15.01.2023 // Index überarbeitet
2. Schallplatte
Auf dieser Seite beschreibe ich die typischen Mängel und Beschädigungen einer Vinyl-Schallplatte und gebe dann Tipps zu Reparaturmaßnahmen, sofern diese möglich sind.
Themenübersicht dieser Seite
2.1. Typische Schäden
2.2. Mögliche Reparatur und Restauration
2.1. Typische Schäden
Check beim Kauf: Optisch beurteilen und besser noch eine Hörprobe machen (leider oft nicht möglich).
Optische Beurteilung: optimales Licht (--> LED-Schreibtischlampe oder LED-Tachenlampe) und/oder ggf. auch mit Lupe.
Optischer Indikatoren der Plattenabnutzung und möglicher Mängel:
Verschmutzung, Zustand der Oberfläche (noch glänzend oder matt), Hairlines und/oder Kratzer (ggf. eine "Fingernagelprobe" machen (Schlieren und Kratzer die mit dem Fingernagel spürbar sind, erzeugen definitiv Störgeräusche!), auch der Zustand des Mittelloch bzw. Zustand des Labels (Etikett) sind Indikatoren. Zusätzlich auch auf einen mögliche Verformung (z.B. Höhenschlag) achten. Auch ist der Zustand Innenhülle ein indirekter Indikator über den Zustand der Schallplatte.
Die gängigsten Mängel an der Schallplatte, die ich während meiner Sammler-Praxis schon gesehen habe:
01 - Knistern, Rauschen: Das "Lagerfeuer" auf der Platte ...
02 - Flecken: "Der Fleck muss weg!"" Fingerabdrücke, Getränke-Flecken, Stockflecken, Rauchablagerungen etc.
03 - Schlieren, Hairlines: permanente Gebrauchsspuren auf der Platenoberfläche
04 - Kratzer: Ursache der lauten Knackser
05 - Einlaufrille: Bereich der Einlaufrille verschmutzt, verkratzt, verrauscht ...
06 - Nass abgespielt?! --> weißlich-graue Rückstände auf der Oberfläche (meist gut zu erkennen in der Auslaufrille)
07 - Geruch: muffiger Kellergeruch
08 - Schimmel, Stockflecken: Feuchtigkeit und Staub ist ein Nährboden für Mikroben: Schimmelpilze, Bakterien
09 - Höhenschlag: Platte ist wellig, hat einen Höhenschlag
10 - Kerbe: Einkerbung am Rand der Platte
11 - Innenloch ausgeschlagen: Das Zentrierloch ist ausgeschlagen oder oval
12- Totalschaden: Platte ist zerbrochen oder hat extremste Kratzer (Nadel bleibt hängen)
13 - Labelschaden: Schäden am Label (Etikett)
14 - Wachsflecken: Wachs auf Schallplatte
Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und soll nur einen Überblick geben über die typischen Schäden und Abnutzungen.
2.2. Mögliche Reparatur und Restauration
Was kann man dagegen tun?
Oftmals nichts, dann ist die Schallplatte so wie es ist, eben ein Artefakt, ein Sammlerstück seiner Zeit!
Klar, bei Totalschäden hilft nur noch eins: wegschmeißen!
Aber bei manchen Mängeln kann man was tun:
zu 01 - Knistern, Rauschen ("Der Lagerfeuer-Effekt")
Hier hilft i.d.R. eine Reinigung mit Flüssigkeit. Eine ausführliche Beschreibung wie ich das mache findet
Ihr in meiner Rubrik "Reinigung" oder schaut mal im Internet da gibt es eine Menge an Infos und Filmmaterial (z.B. in Youtube).
Tipp:
Am gründlichsten ist die Reinigung mit einer Schallplatten-Waschmaschine. Viele Sammler kaufen sich solche Geräte
um ihre Platten gründlich zu reinigen. Mehr Informationen zu Waschmaschinen findet man auf meiner Homepage im großen Bereich "Pflege->Schallplatten reinigen", klick HIER.
zu 02 - Fingerabdrücke, sonstige Flecken ...
s.o. den Pkt. 01
zu 03 - Hairlines
Hairlines (das sind feine, dünne Kratzer) die zwar optisch unschön sind aber normalerweise keinen hörbaren Einfluss haben (sollten). Leider kann man vorhandene Hairlines nicht mehr beseitigen, da es sich dabei um (mikroskopisch betrachtet) Furchen in der Vinyl-Oberfläche handelt. Meine Erfahrung ist besser nichts machen, sonst wird es nur noch schlimmer. Präventiv: Platte vorsichtig behandeln und behutsam aus und in die Innenhülle nehmen.
Hairlines sieht man bei Tageslicht nur, wenn man die Platte schräg gegen das Licht anschaut und die Platte leicht etwas hin und her kippt. Sehr gut erkennbar sind Hairlines, wenn man die Plattenoberfläche mit hellem LED-Licht ausleuchtet.
zu 04 - Kratzer
Kratzer verursachen beim Abspielen meist regelmäßige, hörbare Knack-Laute (sogenannte "Knackser").
Kratzer können leider (wie auch Hairlines, s. Pkt. 03) vom normalen Plattenbenutzer nicht repariert werden.
Ich habe schon gelesen, dass Leute mit einer sehr feinen Nähnadel-Spitze etwas verbessern konnten (hab's auch schon selbst erfolglos versucht) aber ich bin da am zweifeln, ob so etwas möglich ist.
Die einzigen Personen die so etwas machen könnten, sind die Cutter in den Presswerken. Diese Leute kontrollieren die
Pressmatrizen auf akustische und optische Fehler, bevor die Matrizen zum Plattenpressen zum Einsatz kommen.
Habe in einem Vinyl-Forum mal einen Beitrag gelesen. Da hat ein Cutter freundlicherweise eine sehr seltene (wertvolle) Stones-Promo-Single repariert.
Hier ein Video auf YouTube wie man (vielleicht) Kratzer manuell reparieren kann: klick HIER.
Nachtrag (25.04.2017):
Es ist mir gelungen einen (vermeintlichen) Kratzer zu entfernen. Es stellte sich aber beim genauen betrachten heraus (mit einer Lupe mit 40-facher Vergrößerung mit eingebautem LED-Licht; siehe dazu meinen Eintrag vom 17.01.2017 in "Mein vinyles Tagebuch"), dass es kein Kratzer war, sondern ein sehr feiner, festgeklebter Schmutzpartikel. Dieser Partikel war resistent gegen Reinigungsalkohol, sodass ich mich hier entschloss mit einer extrem spitzen Stecknadel und besagter Lupe an die Sache heranzugehen. Mit viel Geduld und Feingefühl (inkl. mehrerer Wiederholungen des Arbeitsvorgangs) ist es mir tatsächlich gelungen den Schmutzpartikel herauszukratzen und es war anschließend kein Knackser mehr zuhören!
zu 05 - Einlaufrille verschmutzt, verkratzt, verrauscht ...
Die Einlaufrille (der schwarze, glänzende äußere Rand) einer Schallplatte ist ein guter Indikator über den Zustand einer Platte. Hier erkennt man sehr leicht, ob Verschmutzungen, Hairlines oder Kratzer vorhanden sind. Ist die Einlaufrille
in einem schlechten Zustand, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass auch der Rest der Schallplatte in einem
schlechten Zustand ist! Trotzdem sollte man versuchen, durch eine intensive Reinigung (mit Flüssigkeit o. mit behutsamen wischen mit einem Mikrofaser-Tuch) die Einlaufrille zu säubern.
zu 06 - Nass abgespielt?
Nass abgespielte Schallplatten erkennt man normalerweise durch zwei Dinge:
1. die Schallplatte rauscht und knistert komplett von Anfang bis zum Ende.
2. die Schallplatte hat weißlich-graue Rückstände auf der Oberfläche (meist gut zu erkennen in der Auslaufrille)
Kleiner Exkurs zum Thema nass abspielen:
Früher war bei den "Nassabspielern" das LENCO-Clean-System sehr beliebt. Dabei lief eine Flüssigkeit auf die Schallplatte und die Abtastung durch die Plattennadel erfolgte sozusagen "Unterwasser". Der Vorteil war ein rausch- und knisterfreier Hörgenuss. Aber: einmal nass abgespielt bedeutete immer wieder nass abspielen, weil die eingetrocknete Flüssigkeit immer wieder beim erneuten abspielen mit neuer Flüssigkeit gelöst werden müsste. Es gab sogar Freaks die haben ein grosses N
auf ihre Cover geschrieben um anzuzeigen: diese Platte wurde nass abgespielt.
Solltet Ihr beim Kauf feststellen, dass es sich um eine nass abgespielte Platte handelt, dann hilft nur
a) entweder Ihr reinigt die Platte mit einer Plattenreinigungsmaschine (wenige Plattenläden bieten solch einen Service)
oder
b) schaut euch meine Reinigungsmethode an (siehe Menü-Punkt "Reinigung")
Danach ist die Schallplatte wieder ohne Nassabspielung verwendbar.
zu 07 - Geruch (z.B. Keller- o. Dachspeicher-Geruch, Vorbesitzer war Raucher)
In solch einem Fall hilft entweder a) das Lüften an frischer Tagesluft oder b) die Reinigung mit einer Reinigungsflüssigkeit
(s. Menü-Punkt "Reinigung").
zu 08 - Stockflecken
Hier ein Beispiel einer 7"-Single die mit Stockflecken übersät ist. Weil das Cover beidseitig ein rundes Fenster hatte konnte mit den Jahren die Feuchtigkeit in das Innnere des Cover eindringen. Die Single war in einem Keller gelagert.
Die anderen Singles dieser Sammlung hatten alle ein geschlossen Cover und diese Singles hatten keine Stockflecken!
Bei der Single handelt es sich um Henry Vahl's - Hamburg Schlager (Elite Special-Produktion - HV1, vermutlich Mitte der 1960er erschienen). Eine Besonderheit bei dieser Single ist, dass sie kein großes Mittelloch hat, wie eigentlich sonst üblich bei 7"-Singles. Daher wirkt sie auf dem Foto fast wie eine LP.
zu 09 - Platte ist wellig oder hat einen Höhenschlag
Nach meinen Recherchen im Internet gibt es nur ein Prinzip um Schallplatte zu glätten: Die LP wird zwischen zwei glatte Platten gelegt (am besten zwei Glasplatten ca. 5-6 mm), das Ganze wird dann erhitzt und man hält das "Sandwitch" eine Zeit lang auf Temperatur und lässt es anschließend wieder abkühlen.
Die Temperatur und die "Backzeit" (ca. 45-60 Min.) hängt ab von der Stärke der Verformung , der Dicke der Platten und dem Schallplatten-Gewicht. Da die Temperatur und die Backzeit nicht zu groß sein dürfen, muss man den Glättvorgang ggf. wiederholen. Das ist bei stärkeren Verformungen eigentlich der Normalfall.
Ich habe in 2017 meine Erfahrungswerte zu diesem Thema in der Praxis erprobt, siehe dazu den Bericht in meinem Vinyl-Tagebuch 2017 (dort im Eintrag vom 06.05.2017).
Zusammenfassung/meine Empfehlung:
- Temperatur (50 - 55 °C Maximum!!!), Ofen: Ober- und Unterhitze (keine Umluft!), gesamtes Paket (Glasplatte + LP + Glasplatte)
einlegen und den Backofen einschalten , d.h. Backofen nicht vorheizen. Logo - die LP muss trocken und sauber sein.
- Verweilzeit im Backofen: ca 45-60 Minuten, dann 2-3 Std. abkühlen lassen, bei unbefriedigendem Ergebnis den gesamten
Vorgang nochmals wiederholen (hatte schon Fälle, wo ein zweiter Durchgang notwendig war, aber dann hat es geklappt).
Hinweis: bei Singles sollte man die Backzeit reduzieren, denn sie haben ja eine geringere Vinyl-Masse und erhitzen sich dadurch schneller als einen 12''-LP.
Andere Anleitungen auf YouTube:
https://www.youtube.com/watch?v=ljRaBiZLtGk
https://www.youtube.com/watch?v=no85OhS964s&t=3s
https://www.youtube.com/watch?v=IwHZZe3aOh0
Alternative:
Es gibt Plattenläden die besitzen eine Vinyl-Bügelautomat (Vinyl-Flattener, ähnliches Prinzip ähnlich wie bei einem Sandwitch-Toaster) und bieten das Glätten als Service an. Ist aber i.d.R. nicht gerade billig.
zu 10 - Einkerbung am Rand der Platte
Ist i.d.R. ein Pressfehler. Da ist leider nichts zu machen.
zu 11 - Innenloch ist ausgeschlagen oder ist oval
Hier ist leider keine Reparatur möglich. Ein ausgebeultes Innenloch ist ein Indikator das die LP wohl sehr häufig
abgespielt wurde oder die LP wurde mehrfach etwas "grob" auf den Plattenteller gelegt.
zu 12 - Totalschaden: Platte ist zerbrochen, extreme Kratzer (Nadel bleibt hängen)
Ein Fall für die Abfalltonne: Da hilft eigentlich nur ein Neukauf.
zu 13 - Schäden am Label (Etikett)
Flecken, Abriss, Beschriftung, Stempel, Welliges Label
Ich habe schon mal vereinzelt eine Etiketten-Reparatur durchgeführt: das Etikett vorsichtig entfernt. Hab' mir dann ein hochaufgelösten Foto vom Etikett besorgt und das Etikett auf matten Fotopapier ausgedruckt, dann ausgeschnitten und auf die Schallplatte geklebt. Die Platte sah danach wieder super aus - eine aufwendige aber lohnende Reparatur.
zu 14 - Wachs auf Schallplatte (eher selten)
Hier zwei theoretische Möglichkeiten, die ich aber selbst noch nicht ausprobiert habe:
rein mechanisch:
Wachs mit Trockeneis oder Kältespray runter kühlen ( ca. -78 Grad), um dann das Wachs an der Rillenoberfläche zu entfernen. Dann mit Lösungsmittel (z.B. Toluol und/oder Balsamterpentin und/oder Reinigungsbenzin) auf die entsprechenden Stellen geben um die Reste aus der Rille abzusaugen. Danach mit Reinigungsflüssigkeit manuell oder mit einer Plattenwaschmaschine nachreinigen.
mit Ultraschall:
Zunächst, wie oben beschrieben, die Kältebehandlung und danach in erwärmtes Wasser, bis max. 40/45 Grad, im Ultraschallbad reinigen. Den Vorgang möglicherweise wiederholen (Wachse schmelzen ab 40 Grad, (ggf. etwas Reinigungsbenzin und/oder Balsamterpentin zugeben, denn das sind Lösungsmittel für Wachse.
Tipp: Wachsflecken kann man ggf. mit einem angespitzten Zahnstocher aus Holz (dabei eine Lupe oder (USB-)Mikroskop verwenden) ganz vorsichtig aus der Rille schaben. Dazu braucht man Geduld und viel Gefühl in den Fingerspitzen.
Beispiel-Video dazu: www.youtube.com/watch?v=Ho8FtReqPi0 Allerdings würde ich persönlich keine Nadel oder Cuttermesser verwenden, sondern eher einen Zahnstocher aus Holz verwenden!